Unter dem Titel „Hilaria Evangelica, Oder Theologisch-Historischer Bericht Vom Andern Evangelischen Jubel-Fest“ erschien zur Leipziger Ostermesse 1719 ein 1.650 Seiten umfassendes monumentales...
1. 100 Jahre vor den „Hilaria“
In seiner Vorrede zu den „Hilaria evangelica“ schildert Ernst Salomon Cyprian die Entstehung seines großangelegten Unternehmens. So habe sein Landesherr, Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg, für die Gestaltung der Reformationsfeierlichkeiten 1717 Akten zum vorangegangenen Jubiläum von 1617 konsultieren wollen, jedoch kaum Informationen in den Archiven von Gotha, Altenburg und Coburg finden können.
2. Geschichtsschreibung und Erinnerungskultur
Bereits im Vorfeld des Reformationsjubiläums 1717 nahmen Gelehrte prestigeträchtige Publikationsprojekte zur Aufarbeitung der Reformationsgeschichte in Angriff. Während heute die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit bedeutenden historischen Ereignissen anlässlich von Jubiläen fast eine Selbstverständlichkeit ist, waren solche Aktivitäten 1717 neu.
3. Das Reformationsjubiläum als Politikum
Zum zweiten Reformationsjubiläum 1717 war die politische Konstellation im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation anders als einhundert Jahre zuvor. Während die Kurpfalz und Kursachsen 1617 federführend gewirkt hatten, wurden 1717 beide protestantischen Territorien von katholischen Fürsten regiert.
4. Feierlichkeiten an den Peripherien des europäischen Luthertums
Das Reformationsjubiläum wurde 1717 vor allem in den lutherischen Städten und Territorien des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation – mit Ausnahme der Habsburger Länder – sowie im Königreich Dänemark-Norwegen gefeiert. Daneben beteiligten sich einzelne lutherische Gemeinden in Europa, wie jene in Dublin, London, Rotterdam, Utrecht, Genf, Danzig und Wien.
5. Die Dokumentation des Reformationsjubiläums
Nach den Feierlichkeiten zum 200. Jubiläum der Reformation beauftragte Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg den Gothaer Kirchenrat Ernst Salomon Cyprian, die europäischen Aktivitäten anlässlich dieses großen Ereignisses zu dokumentieren. Auch die Leipziger Verleger Moritz Georg Weidmann und Johann Ludwig Gleditsch traten dazu an Cyprian heran.
6. Die Festtage
Die einzelnen Städte und Territorien gestalteten die Feiern zum Reformationsjubiläum 1717 sehr unterschiedlich. Im Mittelpunkt standen jedoch immer die Gottesdienste, die oft mehrmals täglich abgehalten wurden. Der Fokus der Jubiläumspredigten war vor allem auf Martin Luther und seine Verdienste um die evangelische Kirche gerichtet. Viele Lieder des Reformators, deren Texte im 18. Jahrhundert nicht mehr unumstritten waren, wurden gesungen und für die Feierlichkeiten geschaffene Kantaten aufgeführt.
7. Festveranstaltungen an Universitäten und Gymnasien
Neben den kirchlichen Feierlichkeiten organisierten Universitäten und Gymnasien weitere Festveranstaltungen. Die Formen des Reformationsgedenkens an den höheren Bildungseinrichtungen waren vielfältig. Die Professoren hielten Vorlesungen und Festreden und trugen neulateinische Dichtung vor. Promotionen, Disputationen und die Verleihung akademischer Grade wurden im Rahmen der Feierlichkeiten durchgeführt.
8. Lutherikonographie auf Jubiläumsmedaillen
Münzen und Medaillen waren wichtige Medien der Erinnerung an historische Ereignisse und dienten zugleich der Propaganda. Münzen, besonders die römischen Kaisermünzen, wurden seit dem 16. Jahrhundert häufig in Büchern abgedruckt und als historische Quellen genutzt. Medaillen, also münzähnliche Prägungen, die keinen Geldwert haben, wurden zudem als Geschenke verteilt. Dies machte sich auch die evangelische Kirche anlässlich der Reformationsjubiläen 1617 und 1717 zunutze.