10. Lesen. Schreiben
Die Gothaer Herzoginnen und Herzöge schrieben meist nicht in ihre eigenen Bücher. Auch die Bücher der öffentlich zugänglichen Herzoglichen Bibliothek weisen überwiegend keine handschriftlichen Einträge und Benutzungsspuren auf. Doch finden sich unter den Drucken und Handschriften der Forschungsbibliothek einzelne Exemplare, die eindrücklich von den Gedankenbewegungen bekannter oder weniger bekannter Schreibender, Lesender oder Besitzender erzählen.
Die Einleitung zum Anhören
Ahornholztäfelchen als Schreibunterlage
Ahornholztäfelchen als Schreibunterlage
Das Mitschreiben von Predigten im reformatorischen Gottesdienst war unter lesekundigen Protestanten weit verbreitet. Es diente der theologischen Bildung. Die Aufzeichnungen von Osterpredigten durch Kurfürst Johann von Sachsen aus dem 16. Jahrhundert sind faszinierende Zeugnisse dieser Praxis. Sie sind eines der frühesten fassbaren Bekenntnisse eines ernestinischen Fürsten zum evangelischen Glauben. Die Ahornholztäfelchen boten eine feste Unterlage für das Mitschreiben in der Kirche. Sie waren aber nicht für die langfristige Speicherung des Textes geeignet, der daher in der Regel auf Papier übertragen wurde.
Johann von Sachsen, Aufzeichnungen von Osterpredigten. o.O., [nach 1522]. Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 1521, Einband, f. 1v, 2r, 5r.
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Reformation, Protestantismus, PredigtmitschriftRelevante und verbundene Personen
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Das annotierte Handexemplar
Das annotierte Handexemplar
Die „Anfangsgründe der Naturlehre“ von Johann Christian Polykarp Erxleben waren Ende des 18. Jahrhunderts eines der erfolgreichsten deutschsprachigen Physik-Lehrbücher. Ab der dritten Auflage 1784 war der berühmte Experimentalphysiker Georg Christoph Lichtenberg für die Herausgabe verantwortlich. In sein unbeschnittenes Handexemplar schrieb er zahllose Anmerkungen und klebte Notizzettel ein. Sie alle sind in seine vierte Auflage der „Anfangsgründe“ eingeflossen.
Johann Christian Polykarp Erxleben, Anfangsgründe der Naturlehre. Mit Verbesserungen und vielen Zusätzen von G[eorg] C[hristoph] Lichtenberg, 3. Auflage. Göttingen, 1784. Forschungsbibliothek Gotha, N 8° 327, S. 212–213.
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Handexemplar, Annotationen, PhysikRelevante und verbundene Personen
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Von Hand zu Hand. Islamische Lektürespuren
Von Hand zu Hand. Islamische Lektürespuren
Die im 15. Jahrhundert geschriebene Handschrift überliefert die Geschichte über den Propheten Joseph auf Arabisch, die sehr populär war. Ulrich Jasper Seetzen erwarb sie 1804 in Aleppo für Gotha. Zuvor war sie durch zahlreiche Hände gegangen und enthält 18 Einträge von früheren Besitzern und Lesern zwischen 1546 und 1789. Der letzte Eintrag entstand 15 Jahre bevor Seetzen die Handschrift kaufte. Ein Leser nennt auch seinen Namen: Ich bin der niedrige Diener, der bekannt ist für seine Sündhaftigkeit und Unzulänglichkeit, ʿAbdallāh al-ʿĀṣī al-Ḥāǧǧ Aḥmad al-Qurnāṣī al-Ḥanafī.
Unbekannter Verfasser, Pseudo-Zahr al-kimān fī qiṣṣat Yūsuf ʿalayhi as-salām (Geschichte Josephs des Propheten). Aleppo? Juli 1442. Forschungsbibliothek Gotha, Ms. orient. A 868, f. 1v–2r.
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Provenienzgeschichte, Orientalische HandschriftenRelevante und verbundene Orte
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Martin Luther bereitet seine Bibelübersetzung für den Druck vor
Martin Luther bereitet seine Bibelübersetzung für den Druck vor
Manuskripte, die im 16. Jahrhundert für die Drucklegung eingereicht wurden, sind selten. Vom Neuen Testament ist nichts von Luthers Hand überliefert, jedoch vom Alten Testament. Die Forschungsbibliothek Gotha besitzt sein eigenhändiges Druckmanuskript des Propheten Jeremia. Es gewährt Einblicke, wie aus den hebräischen und aramäischen Texten deutsche Verse wurden. Die vielen Korrekturen zeigen Luthers Bemühungen, die Bibel wort- und sinngetreu wiederzugeben. Es verwundert, dass alles korrekt gesetzt wurde. Doch die Erstauflage entspricht dem Manuskript vollständig, auch die roten Randmarkierungen des Setzers stimmen mit dem Seitenumbruch überein.
Martin Luther, Der Prophet Jeremia. Druckmanuskript zur deutschen Übersetzung Martin Luthers. [Coburg, 19. Juni 1530]. Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 142, f. 5r.