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9. Verlieren. Wiedergewinnen

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Bibliothek Teil der koordinierten Kulturgutverlagerungen in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Im Januar 1946 kündigte die sowjetische Militäradministration an, die 300.000 Bände zählende Bibliothek als Kriegsbeute in die Sowjetunion zu bringen. Auch wenn die deutschen Verantwortlichen dies zu verhindern suchten, wurden die Bücher im April 1946 abtransportiert. Die zurückgelassenen Reste bildeten den Kern der 1948 wiedereröffneten Bibliothek. Von 1953 bis 1956 fungierte sie als Zentralstelle für wissenschaftliche Altbestände der DDR, die unter anderem Bücher aus Enteignungen der Bodenreform bearbeitete. 1956 kamen die Gothaer Bücher im Zuge der politischen Tauwetter-Periode bis auf etwa 25.000 Bände aus der Sowjetunion zurück.

Die Einleitung zum Anhören

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Otto Geithner an die Thüringer Präsidialkanzlei, Telegramm vom 28. Januar 1946

Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringisches Volksbildungsministerium, C 1377, f. 114r

Rechteinhaber: LATh – HStA Weimar
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Der Totalverlust. Der Abtransport der Bibliothek 1946 aus deutscher Sicht

Im Januar 1946 sandte der neue, kommunistische Gothaer Verwaltungsleiter Otto Geithner ein Telegramm an den Thüringer Landespräsidenten Rudolf Paul, um den gerade bekanntgewordenen Abtransport der Bibliothek und deren Totalverlust abzuwenden.

Warum ließ sich der Abtransport nicht abwenden?

Im Januar 1946 sandte der neue, kommunistische Gothaer Verwaltungsleiter Otto Geithner ein Telegramm an den Thüringer Landespräsidenten Rudolf Paul, um den gerade bekanntgewordenen Abtransport der Bibliothek und deren Totalverlust abzuwenden. Doch der Abtransport war längst von der sowjetischen Besatzungsmacht beschlossen. Geithner schrieb den sowjetischen Verbündeten sein Unverständnis. Der Abtransport träfe nicht den ehemaligen Herzog, sondern das Volkseigentum und die öffentlichen Bildungsmöglichkeiten des aufzubauenden sozialistischen Staates.


Otto Geithner an die Thüringer Präsidialkanzlei, Telegramm. Gotha, 28. Januar 1946. Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringisches Volksbildungsministerium, C 1377, f. 114r.

Schlagworte

Kulturgutverlagerung, Zweiter Weltkrieg

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Aktennotiz über aufgebrochenes Siegel vom 22. März 1946 von Grigorij Grigorjevič Kričevskij

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Auf der Durchreise. Kričevskij und der Abtransport der Bibliothek 1946

In der Notiz über einen nicht versiegelten Raum tritt uns der sowjetische Bibliothekswissenschaftler Grigorij Grigorjevič Kričevskij mit seiner Unterschrift entgegen.

Welchen Auftrag hatte Kričevskij in Gotha?

In der Notiz über einen nicht versiegelten Raum tritt uns der sowjetische Bibliothekswissenschaftler Grigorij Grigorjevič Kričevskij mit seiner Unterschrift entgegen. Er hatte im Zweiten Weltkrieg als Militärübersetzer in der Sowjetarmee gedient und zeichnete für die Verpackung der Bibliothek zum Abtransport an die Akademie der Wissenschaften der UdSSR nach Leningrad verantwortlich. Kričevskij war im Januar 1946 in Gotha eingetroffen und musste die Arbeiten wegen des Einspruchs der deutschen Seite unterbrechen. Ende Februar konnte er sie fortsetzen. Als der mit Büchern beladene Militärzug im April 1946 losfuhr, reiste Kričevskij zu seinem nächsten Auftrag.

 


Grigorij Grigorjevič Kričevskij, Akt. My, nižepodpisavšiesja […]. Gotha, 22. März 1946. Forschungsbibliothek Gotha, Brauner Kasten 1.1.

Schlagworte

Kulturgutverlagerung, Zweiter Weltkrieg

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Aus der Arbeit der Landesbibliothek Gotha

Foto, Gotha, 5. November 1955

Rechteinhaber: Forschungsbibliothek Gotha
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Anrollende Büchermassen. Die Bibliothek als Durchgangsstation

Seit 1948 bearbeitete die Bibliothek in ihren leeren Räumen Bücher, die aus aufgelösten Thüringer Bibliotheken stammten. 

Warum kamen die Bücher in die Bibliothek?

Seit 1948 bearbeitete die Bibliothek in ihren leeren Räumen Bücher, die aus aufgelösten Thüringer Bibliotheken stammten.1953 wurde ihr daher die Zentralstelle für wissenschaftliche Altbestände der DDR übertragen. Hierher kamen Bücher aus aufgelösten Bibliotheken, aus ehemaligen nationalsozialistischen Einrichtungen mit NS-Raubgut und von Besitzern, die während der Entnazifizierung und der Bodenreform enteignet wurden. Gotha organisierte ihre Weitergabe. Auf dem Foto von 1955 packen Mitarbeiter angelieferte Bücher aus. Als die ehemalige Herzogliche Bibliothek 1956 aus der Sowjetunion zurückkehrte, ging die Zentralstelle an die Staatsbibliothek Berlin.


Aus der Arbeit der Landesbibliothek Gotha. Fotoserie. Gotha, 5. November 1955. Forschungsbibliothek Gotha, Brauner Kasten 1.2.

Schlagworte

Zentralstelle für wissenschaftliche Altbestände der DDR, NS-Raubgut, Bodenreform, Staatsbibliothek Berlin

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Menschenkette zum Einräumen der Bücher aus den Eisenbahnwaggons in die Bibliothek

Foto 1956

Rechteinhaber: Forschungsbibliothek Gotha
Lizenz: Rechte vorbehalten 

 

Fast wie ein Wunder. Die Rückkehr der Bibliothek 1956 aus Leningrad und Moskau

Im April 1956 meldete der DDR-Rundfunk die Rückkehr der Bibliothek. Im Sommer kamen die Güterzüge in Gotha an.

Welche Objekte erinnern an die Rückkehr?

Im April 1956 meldete der DDR-Rundfunk die Rückkehr der Bibliothek. Im Sommer kamen die Güterzüge in Gotha an. Die Rückkehr wurde gefeiert und propagandistisch mit der Erzählung von der Rettung der Bibliothek durch die Sowjetarmee begleitet. Einige Objekte erinnern an die Rückkehr: Fotografien, ein Kästchen mit Plomben der Eisenbahnwagen und Pakete mit Zetteln. Darauf hatten die sowjetischen Bibliotheksmitarbeitenden jede Buchsignatur verzeichnet, die bei der Ankunft in Gotha geprüft und abgehakt wurde. Fast wie ein Wunder sei die Rückkehr, so Direktor Gerhard Pachnicke.


Plomben von den Bahnbehältern zur Rückkehr der Bibliothek. [Gotha, 1956]; Frachtbrief zum Rücktransport der Bibliothek. o.O., 1956. Forschungsbibliothek Gotha, Brauner Kasten.

Menschenkette zum Einräumen der Bücher aus den Eisenbahnwaggons in die Bibliothek. Foto 1956. Forschungsbibliothek Gotha, Brauner Kasten.

Pakete mit Signaturenlisten der zurückgekehrten Bücher. Leningrad, Gotha, 1956. Forschungsbibliothek Gotha, Bibliotheksarchiv, Foto: Sergej Tan.

Schlagworte

Bibliothekare, Kulturgüterrückgabe

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10. Lesen. Schreiben