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6. Unterwegs

Handschriften, die heute in der Bibliothek aufbewahrt werden, sind sehr oft weitgereist. So begleiteten die Stammbücher ihre Besitzenden ein Leben lang und erinnerten an Begegnungen mit berühmten oder befreundeten Menschen. Zahlreiche Bücher haben nicht nur eine lange, sondern auch „bewegte“ Geschichte hinter sich. Ihre „Biographie“ lässt sich im besten Falle anhand von Spuren in den Werken selbst, aber auch mit Hilfe von Briefen und anderen archivalischen Überlieferungen rekonstruieren.

Weitere Handschriften berichten über Reisen in ferne Länder oder ermöglichen solche durch die Beschreibung von geographischen Gegebenheiten und Verkehrsverbindungen. Bücher erzählen Geschichten über ihre Herkunft und ihren Weg in die Gothaer Bibliothek.

Die Einleitung zum Anhören

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Stammbuch von Sethus Calvisius d.J. (1606–1663)

Handschrift auf Papier

Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 1003, f. 116r. Public Domain Mark 1.0.

 

Auf der Bildungsreise dabei. Stammbücher

Stammbücher sind persönliche Erinnerungsbücher.

Wozu dienten sie?

Stammbücher sind persönliche Erinnerungsbücher. Sie bezeugen Begegnungen von Studenten, Adligen und Gelehrten mit Zeitgenossen, die sich aus freundschaftlicher Zuneigung oder Gefälligkeit eingeschrieben haben. Zu den bedeutendsten Stücken der Gothaer Sammlung gehört das Stammbuch des Leipziger Pfarrers Sethus Calvisius. Er war der Sohn des gleichnamigen, berühmten Leipziger Thomaskantors. Diese Verwandtschaft spielte sicher eine Rolle für die Einträge prominenter mitteldeutscher Komponisten wie des Dresdener Hofkapellmeisters Heinrich Schütz. Schütz schrieb sich im März 1631 ein, als er im Gefolge des sächsischen Kurfürsten anlässlich des Fürstenkonvents in Leipzig war.


Stammbuch von Sethus Calvisius d.J. (1606–1663). Handschrift auf Papier. Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 1003, f. 116r.

Schlagworte

Stammbücher, Bildungsreisen

Relevante und verbundene Orte

Relevante und verbundene Personen

Weiterführende Links

Stammbuch von Johann Benedikt Carpzov II.

Handschrift auf Papier mit Miniaturen auf Pergament

Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 1006, f. 170v. Public Domain Mark 1.0.

 

Reiseziel Jerusalem

Das Stammbuch des jungen Leipziger Orientalisten und Theologen Johann Benedikt Carpzov II. füllte sich während seiner Studienzeit und Bildungsreise in Basel, Straßburg, Jena und Leipzig zwischen 1655 und 1659.

Wurde es erreicht?

Das Stammbuch des jungen Leipziger Orientalisten und Theologen Johann Benedikt Carpzov II. füllte sich während seiner Studienzeit und Bildungsreise in Basel, Straßburg, Jena und Leipzig zwischen 1655 und 1659. Unter Carpzovs Kommilitonen an der Universität Jena war auch der Thüringer Adelige Gideon von Wangenheim. Seinen Stammbucheintrag für Carpzov vom 6. September 1656 illustrierte er auf Pergament mit dem Ort theologischer Sehnsucht: Das glückliche Reiseziel von Wangenheim und Carpzov, beide orientalisch gekleidet, ist das Heilige Land mit der Stadt Jerusalem.


Stammbuch von Johann Benedikt Carpzov II. Handschrift auf Papier mit Miniaturen auf Pergament. Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 1006, f. 170v–171r.

Schlagworte

Stammbücher, Bildungsreisen, Universität Jena

Relevante und verbundene Orte

Relevante und verbundene Personen

Caspar Schmalkaldens Reise von Amsterdam nach Pharnambuco in Brasil

Papier. Gotha?, um 1659 Blick in die Handschrift

Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 533, f. 110r. Public Domain Mark 1.0.

 

Ein Reisebericht aus fernen Ländern

Caspar Schmalkalden aus Friedrichroda bereiste zwischen 1642 und 1652 als Soldat Südamerika und Ostindien. Er kehrte vermögend zurück und lebte in Gotha. In seinem handgeschriebenen Reisebericht stellte er die Bevölkerung, die Tier- und Pflanzenwelt und wichtige Begriffe der Landessprachen vor. Er übernahm dabei gängige Stereotype und nutzte Vorlagen aus Büchern.

Das von Schmalkalden gezeichnete Faultier hatte ihm zufolge nicht nur starke Krallen, sondern blickte alle sich ihm Nahenden mit kläglichen Gebärden an und gab sechs Töne von sich. Wahrscheinlich griff Schmalkalden hier auf die Ausführungen des Gelehrten Athanasius Kircher von 1650 zurück, der die Erfindung der Musik dem Faultier zugewiesen hatte.

Hören Sie die Töne des Faultiers
Das Faultier in Bewegung

Hören Sie die Töne des Faultiers

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Hören Sie die Töne des Faultiers

In seinem handschriftlichen Reisebericht aus Südamerika beschrieb der ehemalige Soldat Caspar Schmalkalden in der Mitte des 17. Jahrhunderts neben zahlreichen anderen Tieren auch das Faultier. Laut Schmalkalden gab das Faultier auf- und absteigend recht intoniere[t] Töne von sich. Caspar Schmalkalden notierte diese Töne. Sie sind hier zu hören.

Hendrikje Carius, Faultiertöne nach Caspar Schmalkalden. Fagott 2022

Das Faultier in Bewegung

 
 

Faultiere bewohnen meist tropische Regenwälder in Süd- und Mittelamerika. Dort leben sie in Baumkronen und ernähren sich von Blättern. Bekannt sind die Faultiere durch ihre in den Ästen von Bäumen hängende Lebensweise und ihre sehr langsamen Bewegungen und langen Ruhephasen. Diese werden durch einen extrem niedrigen Stoffwechsel aufgrund ihrer Nahrung hervorgerufen. Die zwei Filme mit einem sich bewegenden Faultier entstanden zwischen 2006 und 2008 im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts zur Fortbewegung des Zweifinger-Faultiers an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Martin S. Fischer, John A. Nyakatura, Faultier in Bewegung, Doppeldecker-Hochgeschwindigkeits-Röntgenvideographie. 2006–2008 (Friedrich-Schiller-Universität Jena, Fischer, Nyakatura)

Kitāb al-Aqālīm/Kitāb al-Masālik wa-'l-mamālik (Buch der Wege und Provinzen) von Abū Isḥāq Ibrāhīm b. Muḥammad al-Fārisī al-Karḫī al-Iṣṭaḫrī. o.O., Abschrift 1172/73

UNESCO-Weltdokumentenerbe

Forschungsbibliothek Gotha, Ms. orient. A 1521, f. 24r. Public Domain Mark 1.0.

 

Ein „Atlas des Islams“ in Gotha – UNESCO-Weltdokumentenerbe

Das „Buch der Wege und Provinzen“ schrieb der bekannte islamische Gelehrte al-Iṣṭaḫrī im 10. Jahrhundert.

Welche Länder werden kartiert?

Das „Buch der Wege und Provinzen“ schrieb der bekannte islamische Gelehrte al-Iṣṭaḫrī im 10. Jahrhundert. Die Gothaer Handschrift ist die älteste erhaltene arabische Abschrift des Buches aus dem 12. Jahrhundert und UNESCO-Weltdokumentenerbe. Sie zeigt 21 Landkarten, die einen Atlas des Islams vom Mittelmeer und dem heutigen Marokko, über Ägypten, Syrien und den Irak bis nach Armenien bilden. Im Zentrum der Mittelmeerkarte sind die Inseln Sizilien, Kreta und Zypern als Kreise und die mythische Berginsel „Jabal al-Qilāl“ als Dreieck zu sehen. In den Ecken der Karte stehen in arabischer Sprache die Himmelsrichtungen, beginnend mit dem „Süden“ links oben im Uhrzeigersinn.


Abū Isḥāq Ibrāhīm b. Muḥammad al-Fārisī al-Karḫī al-Iṣṭaḫrī, Kitāb al-Aqālīm/Kitāb al-Masālik wa-'l-mamālik (Buch der Regionen/Buch der Wege und Provinzen). o.O., 1172/73. Forschungsbibliothek Gotha, Ms. orient. A 1521, f. 24r.

Schlagworte

UNESCO-Weltdokumentenerbe, Kartographie, Orientalische Handschriften

Relevante und verbundene Orte

Relevante und verbundene Personen

Weiterführende Links

Kitāb aḥādīth arbaʿīn aḥādīth (Buch der Traditionen) von Ibn Kamālpašazāda u.a., o.O., 1642/43 (1052/53 AH)

Forschungsbibliothek Gotha, Ms. orient. A 3, f. 1r. Public Domain Mark 1.0.

 

Blutspuren?

Die arabische Handschrift ist Zeugnis der brutalen Kämpfe bei der Belagerung und Eroberung der Stadt Buda (Ofen) im Jahr 1686 während des Großen Türkenkriegs.

Was sagen die Untersuchungen?

Die arabische Handschrift ist Zeugnis der brutalen Kämpfe bei der Belagerung und Eroberung der Stadt Buda (Ofen) im Jahr 1686 während des Großen Türkenkriegs. Sie gehörte zur Stiftung des Scheichs Sulaimān Efendi und wurde in Buda zusammen mit anderen Handschriften erbeutet. Die Sammlung ist heute über Bibliotheken in Paris, Glasgow, Leipzig, Hamburg und Gotha verteilt. Das hier gezeigte Blatt zeugt in lateinischer Sprache davon, dass die Handschrift mit viel Blut bespritzt unter dem Leichnam des ermordeten Mufti hervorgezogen wurde. Dass es sich bei den Flecken an der Handschrift um Blut handelt, ließ sich jedoch durch Laboruntersuchungen nicht bestätigen.


Ibn Kamālpašazāda u.a., Kitāb aḥādīth arbaʿīn aḥādīth (Buch der Traditionen. Vierzig Traditionen). Sammelhandschrift mit Prophetentraditionen. o.O., 1642/43 (1052/53 AH). Forschungsbibliothek Gotha, Ms. orient. A 3, f. 1r.

Schlagworte

Großer Türkenkrieg, Orientalische Handschriften

Relevante und verbundene Orte

Relevante und verbundene Personen

  • Sulaimān Efendi

Weiterführende Links

7. Bauen. Gestalten