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1. 100 Jahre vor den „Hilaria“

Das Reformationsjubiläum 1617

In seiner Vorrede zu den „Hilaria evangelica“ schildert Ernst Salomon Cyprian die Entstehung seines großangelegten Unternehmens. So habe sein Landesherr, Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg, für die Gestaltung der Reformationsfeierlichkeiten 1717 Akten zum vorangegangenen Jubiläum von 1617 konsultieren wollen, jedoch kaum Informationen in den Archiven von Gotha, Altenburg und Coburg finden können.

Die spärliche Überlieferung ist darauf zurückzuführen, dass die Vorbereitungen zum 100. Jahrestag von Luthers 95 Thesen am 31. Oktober 1517 erst wenige Monate vor dem Jubiläum begonnen hatten. Die Initiative dazu war von der reformierten Kurpfalz und dem lutherischen Kursachsen ausgegangen, die um die Vormachtstellung in der Protestantischen Union gerungen hatten. Trotz der kurzen Vorbereitungszeit konnte das Jubiläum 1617 in zahlreichen Städten und Territorien begangen werden. Es war das erste Mal in der Geschichte des Alten Reichs und des Königreichs Dänemark-Norwegen, das das''

In seiner Vorrede zu den „Hilaria evangelica“ schildert Ernst Salomon Cyprian die Entstehung seines großangelegten Unternehmens. So habe sein Landesherr, Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg, für die Gestaltung der Reformationsfeierlichkeiten 1717 Akten zum vorangegangenen Jubiläum von 1617 konsultieren wollen, jedoch kaum Informationen in den Archiven von Gotha, Altenburg und Coburg finden können.

Die spärliche Überlieferung ist darauf zurückzuführen, dass die Vorbereitungen zum 100. Jahrestag von Luthers 95 Thesen am 31. Oktober 1517 erst wenige Monate vor dem Jubiläum begonnen hatten. Die Initiative dazu war von der reformierten Kurpfalz und dem lutherischen Kursachsen ausgegangen, die um die Vormachtstellung in der Protestantischen Union gerungen hatten. Trotz der kurzen Vorbereitungszeit konnte das Jubiläum 1617 in zahlreichen Städten und Territorien begangen werden. Es war das erste Mal in der Geschichte des Alten Reichs und des Königreichs Dänemark-Norwegen, das das Gedenken an ein historisches Ereignis überregional gefeiert wurde.

Für 1717 setzten sich Cyprian und seine Verleger nun das Ziel, mit den „Hilaria evangelica“ eine umfassende Dokumentation der Feierlichkeiten im gesamten europäischen Luthertum vorzulegen. Die „Hilaria“ sollten zugleich Vorbild für künftige Reformationsjubiläen sein.  

Autor: Daniel Gehrt­


Bibliographische Angaben: 
Harm Cordes: Ernst Salomon Cyprian als Chronist des Reformationsjubiläums von 1717, in: Klaus Tanner (Hrsg.): Konstruktion von Geschichte. Jubelrede – Predigt – protestantische Historiographie, Leipzig 2012, S. 89–103, hier S. 101–103.
Winfried Müller: Erinnern an die Gründung. Universitätsjubiläen, Universitätsgeschichte und die Entstehung der Jubiläumskultur in der frühen Neuzeit, in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 21 (1998), S. 79–102.

Die Einführung zum Anhören

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Wie prägte das Reformationsjubiläum unsere Jubiläumskultur?

Dazu Wolfgang Flügel in seinem Beitrag: „Eine kulturelle Wirkung der Reformation. Die Erfindung der Jubiläumskultur“.

… mein gnädigster Fürst und Herr [befahl] mir … die nöthige Correspondenz mit auswärtigen Theologen in Zeiten zu pflegen, und, wie das Dank-Fest vor hundert Jahren gefeyert worden … zu erforschen

Hilaria Evangelica, Vorrede, Bl. a1v.

Musterpredigten von Matthias Matthias Hoë von Hoënegg, gedruckt in Leipzig 1617

Forschungsbibliothek Gotha, Th 8° 3012 (2). Public Domain Mark 1.0.

 

Musterpredigten aus Dresden

Die einflussreichsten Predigten, die anlässlich des Reformationsjubiläums 1617 gedruckt wurden, sind nie gehalten worden.

Wie erklärt sich dieser Widerspruch?

 

Die einflussreichsten Predigten, die anlässlich des Reformationsjubiläums 1617 gedruckt wurden, sind nie gehalten worden. Ihr Verfasser, der Dresdner Hofprediger Matthias Hoë von Hoënegg (1580–1645), veröffentlichte sie einen Monat vor den Feierlichkeiten als Musterpredigten. Sie sollten eine möglichst einheitliche heilsgeschichtliche Interpretation der Reformation in Kursachsen und in den anderen Städten und Territorien des Reichs gewährleisten, die sich beim Jubelfest an Kursachsen orientieren wollten.

 


Bibliographische Angabe: Matthias Hoë von Hoënegg: Parasceve ad Solennitatem Jubilaeam Evangelicam. Das ist: Christliche vnd aus Gottes Wort genommene Anleitung/ wie das instehende Evangelische Jubelfest/ recht vnd nützlich solle begangen/ insonderheit aber/ das vor hundert Jahren/ von dem Allerhöchste[n] durch Herrn D. Mart. Luther seligen/ angefangene/ vnd hernach glücklich vollbrachte Reformationwerck/ heilsamlich betrachtet werden …, Leipzig 1617 (VD17 3:312278T), Titelblatt. FB Gotha, Th 8° 3012 (2).

Schönstädt, Hans-Jürgen: Antichrist, Weltheilsgeschehen und Gottes Werkzeug. Römische Kirche, Reformation und Luther im Spiegel des Reformationsjubiläums 1617, Wiesbaden 1978, S. 19.

Schlagworte

Predigt, Reformationsjubiläum

Relevante und verbundene Orte

Relevante und verbundene Personen

Gerhards unveröffentlichte Rede zum Reformationsjubiläum 1617.

Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B 456. Public Domain Mark 1.0.​​​​​​​

 

Jubiläumsrede mit Endzeitprognose

Im Nachgang zum Reformationsjubiläum 1617 gaben Professoren der Universität Jena fünf Reden heraus.

Was blieb unveröffentlicht?

 

Im Nachgang zum Reformationsjubiläum 1617 gaben Professoren der Universität Jena fünf Reden heraus. Nicht veröffentlicht wurde jedoch die Rede des bekannten lutherischen Theologen Johann Gerhard (1582–1637), der ebenda lehrte. Sie ist nur handschriftlich überliefert. In ihr setzte Gerhard die einzelnen Lebensjahre von Jesus jeweils mit einer 49jährigen Zeitspanne der Heilsgeschichte gleich. So konnte er das öffentliche Auftreten von Jesus im Alter von 30 Jahren mit der Zeit der Reformation in Übereinstimmung bringen und die Himmelfahrt Christi mit der um 1670 zu erwartenden Endzeit.

 


Bibliographische Angabe: [Johann Gerhard]: Teile von Reden zu Jubiläen der Kirche Christi, [1615–1617], S. 257–352, hier S. 309. FB Gotha, Chart. B 456.

Daniel Gehrt: Gelehrtenkultur und Reformationsgedenken 1617 am Beispiel der ernestinischen Herzogtümer. Formen, Kontexte und dynamische Prozesse, in: Markus Friedrich / Sascha Salatowsky / Luise Schorn-Schütte (Hrsg.): Konfession, Politik und Gelehrsamkeit. Der Jenaer Theologe Johann Gerhard (1582–1637) im Kontext seiner Zeit, Stuttgart 2017, S. 177–223, hier S. 195–199.

Schlagworte

Reformationsjubiläum, Rede, Heilsgeschichte, Endzeit

Relevante und verbundene Personen

Historiographische Abhandlung der Reformation bis 1535 von Scultetus, erschienen 1618 in Heidelberg.

Forschungsbibliothek Gotha, Theol 8° 228/2. Public Domain Mark 1.0.​​​​​​​

 

Das erste „evangelische Jahrhundert“ in Europa aus reformierter Sicht

Das Jubiläum von 1617 sollte unter den Zeitgenossen den einhundert Jahre zurückliegenden Beginn der Reformation in das Bewusstsein rufen.

Welche Rolle spielte die Historiographie?

 

Das Jubiläum von 1617 sollte unter den Zeitgenossen den einhundert Jahre zurückliegenden Beginn der Reformation in das Bewusstsein rufen. Sie nannten diesen Zeitraum das „erste evangelische Jahrhundert“. Von lutherischer Seite erschienen keine größeren Publikationen, die sich mit der Entwicklung der Reformation beschäftigten. Nur der reformierte Heidelberger Hofprediger Abraham Scultetus (1566–1625) veröffentlichte eine umfangreichere Schrift. Leider ging sein Manuskript 1620 im böhmisch-pfälzischen Krieg verloren. So konnte er lediglich die ersten beiden Bände für die Jahre 1516 bis 1535 herausbringen.

 


Bibliographische Angabe: Abraham Scultetus: … Annalivm Evangelii Passim Per Europam Decimo quinto salutis partae seculo renovati Decas Prima …, Heidelberg 1618 (VD17 23:248305P), Titelblatt. FB Gotha, Theol 8° 228/2.

Gustav Adolf Benrath: Reformierte Kirchengeschichtsschreibung an der Universität Heidelberg im 16. und 17. Jahrhundert, Speyer 1963, hier S. 27–37. Daniel Gehrt: Gelehrtenkultur und Reformationsgedenken 1617 am Beispiel der ernestinischen Herzogtümer. Formen, Kontexte und dynamische Prozesse, in: Markus Friedrich / Sascha Salatowsky / Luise Schorn-Schütte (Hrsg.): Konfession, Politik und Gelehrsamkeit. Der Jenaer Theologe Johann Gerhard (1582–1637) im Kontext seiner Zeit, Stuttgart 2017, S. 177–223, hier S. 216f.

Schlagworte

Reformationsjubiläum

Relevante und verbundene Orte

Relevante und verbundene Personen

Handschriftlich überlieferte Geschichte der Stadt Weimar von Paul Wolf.

Forschungsbibliothek Gotha, Chart. A 666. Public Domain Mark 1.0.​​​​​​​

 

Das Jahr Eins der Weimarer Stadtgeschichte

Anlässlich des Reformationsjubiläums 1617 verfasste der Eischlebener Pfarrer Paul Wolf (1569–1626) Annalen der Stadt Weimar.

Mit welchem Jahr begann Wolf?

 

Anlässlich des Reformationsjubiläums 1617 verfasste der Eischlebener Pfarrer Paul Wolf (1569–1626) Annalen der Stadt Weimar. Sie begannen mit dem Jahr 1517, „als Lutherus angefangen [hat], das Evangelium […] wieder herfurzubringen“, und reichten bis 1617. Nach der Nummerierung am Rand gilt 1517 als das Jahr Eins, 1518 als das Jahr Zwei usw. Diese Stadtgeschichte gehört zu den seltenen lokalgeschichtlichen Darstellungen, die anlässlich der ersten Jahrhundertfeier verfasst wurde. Hundert Jahre später, 1717, erschienen zahlreiche kirchenhistorische Arbeiten zu einzelnen Städten und Territorien.

 


Bibliographische Angabe: Paul Wolf: Annales seculi Lutherani Vinarienses, oder Jahr verzeichnuß, was innerhalb 100 Jharen, seid Lutheri s[eligen] g[edächtnisses] Reformacion, sich sonderlich denckwurdiges zu Weimar zugetragen, o.O. 5. Mai 1620, Bl. 311r–330v, hier Bl. 312r. FB Gotha, Chart. A 666.

Daniel Gehrt: Gelehrtenkultur und Reformationsgedenken 1617 am Beispiel der ernestinischen Herzogtümer. Formen, Kontexte und dynamische Prozesse, in: Markus Friedrich / Sascha Salatowsky / Luise Schorn-Schütte (Hrsg.): Konfession, Politik und Gelehrsamkeit. Der Jenaer Theologe Johann Gerhard (1582–1637) im Kontext seiner Zeit, Stuttgart 2017, S. 177–223, hier S. 217f.

Schlagworte

Reformationsjubiläum

Relevante und verbundene Orte

Relevante und verbundene Personen

2. Geschichtsschreibung und Erinnerungskultur