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4. Feierlichkeiten an den Peripherien des europäischen Luthertums

Das Reformationsjubiläum wurde 1717 vor allem in den lutherischen Städten und Territorien des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation – mit Ausnahme der Habsburger Länder – sowie im Königreich Dänemark-Norwegen gefeiert. Daneben beteiligten sich einzelne lutherische Gemeinden in Europa, wie jene in Dublin, London, Rotterdam, Utrecht, Genf, Danzig und Wien.

Die Habsburger betrieben eine rigorose konfessionelle Konsolidierungspolitik, die den Protestantismus in den Untergrund drängte. In ihren Herrschaftsgebieten durften jedoch mehrere Gruppen und Gemeinden mit Sonderrechten und Privilegien das Reformationsgedenken feiern. So wurde der königlich-dänischen Delegation in der Residenzstadt Wien eine dreitägige Feier in geschlossenen Räumen gestattet.  

Der Habsburger Kaiser Leopold I. (1640–1705) hatte auf dem Ödenburger Reichstag von 1681 den protestantischen Ständen in Ungarn freie Religionsausübung mit Beschränkungen zugesichert. Nach den Siegen König Karls XII. von Schweden''

Das Reformationsjubiläum wurde 1717 vor allem in den lutherischen Städten und Territorien des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation – mit Ausnahme der Habsburger Länder – sowie im Königreich Dänemark-Norwegen gefeiert. Daneben beteiligten sich einzelne lutherische Gemeinden in Europa, wie jene in Dublin, London, Rotterdam, Utrecht, Genf, Danzig und Wien.

Die Habsburger betrieben eine rigorose konfessionelle Konsolidierungspolitik, die den Protestantismus in den Untergrund drängte. In ihren Herrschaftsgebieten durften jedoch mehrere Gruppen und Gemeinden mit Sonderrechten und Privilegien das Reformationsgedenken feiern. So wurde der königlich-dänischen Delegation in der Residenzstadt Wien eine dreitägige Feier in geschlossenen Räumen gestattet.  

Der Habsburger Kaiser Leopold I. (1640–1705) hatte auf dem Ödenburger Reichstag von 1681 den protestantischen Ständen in Ungarn freie Religionsausübung mit Beschränkungen zugesichert. Nach den Siegen König Karls XII. von Schweden (1682–1718) im Großen Nordischen Krieg erhielten Protestanten in Schlesien zahlreiche Kirchen zur Ausübung ihrer Religion zurück und durften einige neue Kirchen bauen.

Ein europäischer Sonderfall beim Reformationsjubiläum war das lutherische Königreich Schweden. Es feierte nicht 1717, sondern erst 1721. Mit diesem Fest erinnerte es an die Befreiung von der dänischen Herrschaft 200 Jahre zuvor. Zugleich wollte sich Schweden damit von der zweiten skandinavischen Großmacht, von Dänemark, deutlich abgrenzen.

Autor: Daniel Gehrt

Bibliographische Angabe:
Márta Fata: Ungarn, das Reich der Stephanskrone, im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Multiethnizität, Land und Konfession 1500 bis 1700, Münster 2000, hier S. 269–282.

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Warum feierte Schweden das Reformationsjubiläum erst 1721?

Joar Haga klärt diese Frage in seinem Beitrag
„The King’s Central Role in the Narrative of the Reformation: The Reformation Bicentenary in Sweden in 1721“.

In London gehaltene Jubelpredigt von Johann Friedrich Strauß von 1717.

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Lutherverehrung in London

Mit der Entstehung der Anglikanischen Kirche in England hatte die Wittenberger Reformation wenig zu tun.

Feierten dennoch Engländer das Jubiläum?

 

Mit der Entstehung der Anglikanischen Kirche in England hatte die Wittenberger Reformation wenig zu tun. Vielmehr war ihr Begründer, König Heinrich VIII. (1491–1547), ein entschiedener Gegner Luthers. In London feierten deshalb nur deutsch- und dänisch-lutherische Gemeinden das Reformationsjubiläum 1717. Der Pastor der Gemeinde in the Queen’s Chapel of the Savoy hielt seine Predigt zur Bibelstelle „Und ich sah einen Engel fliegen mitten durch den Himmel, der hatte ein ewiges Evangelium zu verkündigen“. Diese Verse galten in lutherischen Kreisen als neutestamentarische Weissagung auf Luther.

 


Bibliographische Angabe: Johann Friedrich Strauß: Jubelpredigt, gehalten am 31.10.1717 vor der deutsch-lutherischen Gemeinde in der Savoy Chapel in London. Autograph. Ev.-Luth. Kirchengemeinde Gotha, Augustinerkloster, 4 A/2, Bl. 62r–93v, hier Bl. 62r.

Schlagworte

Anglikanische Kirche, Queen’s Chapel of the Savoy, Weissagung, Reformationsjubiläum

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Notiz vom Ödenburger „Erntefest“ zum Reformationsjubiläum 1717.

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„Erntefest“ in der ungarischen Stadt Ödenburg

Die ungarischen Protestanten beteiligten sich gegen den Willen der sie regierenden Habsburger am Reformationsjubiläum 1717.

Wie war dies möglich?

 

Die ungarischen Protestanten beteiligten sich gegen den Willen der sie regierenden Habsburger am Reformationsjubiläum 1717. So wurden über hundert Jubelpredigten gehalten, die jedoch nicht öffentlich gemacht werden durften. In Ödenburg (Sopron), einem Zentrum der evangelischen Bewegung in Ungarn, wurde das Reformationsgedenken als Erntefest getarnt.

 


Bibliographische Angabe: Ev.-Luth. Kirchengemeinde Gotha, Augustinerkloster, 4 A/2, Bl. 172r.

Schlagworte

Erntefest, Habsburger, Reformationsjubiläum, Predigt

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In Reval gehaltene Jubelpredigt in estnischer Sprache von 1717.

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Dreisprachiges Predigen in Reval

Infolge des Großen Nordischen Krieges fiel die estnische Stadt Reval (Tallinn) 1710 an das russische Kaiserreich.

Wurde sie danach russisch-orthodox?

 

Infolge des Großen Nordischen Krieges fiel die estnische Stadt Reval (Tallinn) 1710 an das russische Kaiserreich. Die einflussreiche Hafenstadt an der Ostsee hatte 1525 die Reformation eingeführt und unter der Schutzherrschaft Schwedens seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine starke lutherische Identität ausgebildet. Dies fand auch zum Reformationsjubiläum unter der neuen russisch-orthodoxen Herrschaft seinen Niederschlag: In den Kirchen der Stadt wurden am 31. Oktober 1717 Predigten in estnischer, deutscher und schwedischer Sprache gehalten, die handschriftlich als Entwürfe überliefert sind.

 


Bibliographische Angabe: Eberhard Gutsleff: Disposition einer Jubelpredigt in estnischer Sprache, Reval, 31. Oktober 1717. Ev.-Luth. Kirchengemeinde Gotha, Augustinerkloster, 4 A/2, Bl. 24r–36v, hier Bl. 29r.

Schlagworte

Großer Nordischer Krieg, russisches Kaiserreich, Reformationsjubiläum

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Einladung zu den Feierlichkeiten 1721 an der Universität Lund.

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Der Sonderfall Schweden

Das Königreich Schweden feierte abweichend von den anderen lutherischen Gebieten Europas das 200. Reformationsjubiläum erst am 17. März 1721.

Was geschah 1521 in Schweden?

 

Das Königreich Schweden feierte abweichend von den anderen lutherischen Gebieten Europas das 200. Reformationsjubiläum erst am 17. März 1721. Dort markierte das Jahr 1521 die Befreiung vom Papsttum durch Luthers Reformation und von der als Tyrannei empfundenen Herrschaft unter König Christian II. von Dänemark (1481–1559). Deshalb hatten sie auch das 100. Jubiläum 1621 bereits mit einem mehrtägigen Fest begangen. Auch diese Besonderheit ist in der Materialsammlung zur Entstehung der „Hilaria evangelica“ festgehalten. Dort finden sich gedruckte Programme der Universität Lund und des Gymnasiums in Strängnäs.

 


Bibliographische Angabe: Der Rektor der Universität Lund Karl Schulten: ... Sacra Nostra Regia Majestas Solemne Jubilæum Festum … d. XVII. Martii celebrandum instituit; … quinq[ue] Festis Panegyricis, more Palladio, die XVIII. & IV. seqq[ue] currentis mensis publico in loco habendis ut debuit facere voluit. Ad quas … audiendas in intimo templi Cathedralis, penetrali h. IX. mat. dict. diebus, Reverendiss. Episcop. Acad. ProCancellarium, Patresq[ue] & cives Academicos, universos & singulos … invitat …, [Lund 1721]. Ev.-Luth. Kirchengemeinde Gotha, Augustinerkloster, 4 A/2, Bl. 188r–191v, hier 188r (Titelblatt).

Carl Axel Aurelius: Luther i Sverige. Den svenska Lutherbilden under fyra sekler, Skellefteå 2015, hier S. 84–95. Carl Axel Aurelius: „Sverige, känn dig själv“. En studie av det svenska reformationsjubileet år 1621, in: Kyrkohistorisk årsskrift 1987. hier S. 105–119. Heinrich Holze: Die Kirchen des Nordens in der Neuzeit (16. bis 20 Jahrhundert), Leipzig 2011, hier S. 32f.

Schlagworte

Papsttum, Universität Lund, Gymnasium, Reformationsjubiläum

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5. Die Dokumentation des Reformationsjubiläums